Ein Blog von Fabian Ploner und Christopher Kühlberger
Im Jahre 862 begann die gemeinsame Geschichte der beiden Völker damit, dass der
Herrscher Rjurik, der dem Stamm der „Rus“ (Русь) angehörte, über die Stadt Nowgorod zu herrschen. 882 eroberte Rjuriks Feldherr Oleg die Stadt Kiew.
Kiew wurde nach der Einnahme zur Hauptstadt, da sie auf der Handelsroute von der Ostsee zum Schwarzen Meer lag. In den voran folgenden Jahren breitete sich der „Rus“ alle ostslawischen Gebiete aus und herrschte im Norden bis an die Ostsee, im Westen bis zu den polnischen Grenzstädten Grodno, Wladimir-Wolynsk, Peremyschl, im Süden bis ans Schwarze Meer und im Osten an den Stamm der Wolgabulgaren. [Quelle 19]
Im 10 Jahrhundert standen die Rus auf dem Höhepunkt ihrer Macht. In diesem Zeitraum eroberten die „Rus“ weite Teile des Donaubulgarischen Reiches (Balkan). Durch diese Erweiterung handelte das Reich der „Rus“ Hauptsächlich mit dem Byzantinischen Reich und wurden von christlichen Missionären aus Byzanz christianisiert. Aufgrund der geographischen Lage des Reichs der „Rus“ am „Wilden Feld“ (Süd-Ost Ukraine), einem großen Bereich ohne natürliche Barrieren, viel es häufig Überfällen der Reitervölker der südöstlichen Steppe (Alanen, Petschenegen oder Kyptschaken) zum Opfer. [Quelle 19, 20 & 21]
Ein weiteres Problem war die Machtübergabe im Reich, da nach dem Tod des Königs meist Kämpfe unter den Anwärtern (aus den verschiedenen Fürstentümern) ausbrachen. Im Jahre 1242 nach der Zerstörung von Kiew durch die Mongolen zerbrach das Reich der „Kiewer Rus“ endgültig. [Quelle 19, 20 & 21]
Im 14. Jahrhundert wurden das westukrainische Fürstentum Halytsch-Wolhynien und diverse
zentralukrainische Gebiete bei der „Schlacht am Irpen“ vom Großfürstentum Litauen erobert.
Teile der südwestlichen Ukraine wurden von Polen Mitte des 14. Jahrhunderts erobert. Im
Jahr 1569 wurden die unter Polnisch-Litauischen (litauisch-polnischen Doppelstaat) Kontrolle
stehenden Ukrainischen Gebiete intern der Polnischen Krone unterstellt. Das hatte zur Folge,
dass von der polnischen Krone, versucht wurde die orthodoxen Ukrainer zu unterdrücken und
zu konvertieren. Der Rest der Ukraine stand zu der Zeit unter der Kontrolle des Zarenreich
Russlands.
Nach der „drei Teilung Polens“ (Aufeilung
Polens zwischen Preußen, Russland und
Österreich) kamen die Ost-Galizischen
Gebiete zu Österreich. Alle anderen Teile
zum Zarenreich Russland.
Ende des 19. Jahrhunderts bildete sich in den ukrainischen Gebieten Österreichs eine ukrainische Nationalbewegung die die Unabhängigkeit von Russland und Österreich forderte. Mit Anfang des ersten
Weltkriegs 1914 wurde Galizien und Bukowina von Russland erobert. Im Laufe des Krieges kam es zum „Großen Rückzug“ der russischen Armee ins Baltikum und die Zentralukraine. Um Russland zu schwächen
unterstütze das Deutsche Reich Separationsbemühungen der Ukraine. Am 5.12.1917 kam es
zum Waffenstillstand dem „Dekret über den Frieden“ zwischen Russland und den
Mittelmächten.
Mit dem Ende des ersten Weltkrieges und der Revolution in Russland bot sich die Chance
einen souveränen Staat in der Ukraine zu gründen. [Quelle 18] [Quelle 16&17]
Am 30. Dezember 1922 wurde die Ukraine nach einem blutigen Konflikt zu einer Teilrepublik
der Sowjetunion, welche zuvor durch eine Revolution und einen nachfolgenden Bürgerkrieg,
das Zarenreich ablöste. Während vor allem in den frühen Jahren unter Staatsgründer Lenin die
kulturelle und linguistische Eigenständigkeit der Völker der Union geschätzt wurde, änderte
sich dies mit der Machtübernahme Stalins in den 1920er Jahren drastisch zu Gunsten der
russischen Sprache und Kultur. Weiter kam es ab 1931 durch Missernten und
Missmanagement der Ernten in der Ukraine zu einer Hungersnot, bekannt als „Голодомор“
(„Holodomor“), welche durch Stalin gezielt gegen die Ukraine verwendet wurde. Bis zum
Ende der Sowjetunion war es verboten über dieses Ereignis zu sprechen und die Ukraine ist
seit 1991 bemüht den Holodomor als Völkermord einstufen zu lassen. [Quelle 9]
Nach der Teilung Polens 1939 erhielt die Ukrainische SSR, dank einem Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion, Gebiete rund um Lviv und Luzk, nach dem Ende des Zweite Weltkrieges die Karpatenukraine. Während des zweiten Weltkrieges leistete die Ukrainische SSR einen großen Teil der Bemühungen gegen das Deutsche Reich. Dennoch gab es auch Widerstandsbewegungen von Ukrainern welches Anfangs mit den Nazis gegen die Sowjets kooperierten. Dies ist auch ein Punkt in der Geschichte, welcher heutzutage viel von der russischen Propaganda ausgeschlachtet wird. [Quelle 10]
In den Jahren nach dem Krieg wurde die Ukrainische SSR zunehmend russifiziert (Bildung
und Unterhaltung waren vor allem in den Städten nur in Russisch erhältlich und die Nutzung
der Ukrainischen Sprache wurde eingeschränkt), was ein weiterer Punkt ist, welcher auf die
Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine Einfluss hat. So hat diese Politik es
russischen Politikern des 21. Jahrhunderts erlaubt damit zu argumentieren, dass Russland nur
die russische Minderheit (wobei hier zwischen sprachlich und national/ethnisch unterschieden
werden muss, da eben durch diese Politik viel ethnische Ukrainer Russisch als Muttersprache
haben) in der Ukraine beschützt. [Quelle 12]
Nach einer sehr turbulenten Zeit in der Sowjetunion, ausgelöst durch die Stagnierung der
Wirtschaft sowie Reformen (Perestroika und Glasnost) des damaligen Kommunistischen
Partei, Michail Gorbatschow, erklärten sich die baltischen Republiken für Unabhängig, was
zu einer Kettenreaktion führte, welche auch nichtmehr durch den von Gorbatschow
vorgeschlagenen Unionsvertrag sowie einen Putschversuch radikalerer Kommunisten
aufgehalten werden konnte. [Quelle 8]
Hier zu sehen sind die Anzahl der „Ja“ stimmen im nach der Frage „Чи підтверджуєте Ви Акт
проголошення незалежності України?“ („Unterstützen Sie die Unabhängigkeitserklärung der Ukraine?“) nach Oblast bzw. Region vom 1. Dezember 1991. Dabei ist zu sehen, dass in diesem Referendum auch in Gebieten im Osten und Süden, mit russischsprachiger Mehrheit für die Unabhängigkeit gestimmt wurde.
90,3 % der wahlberechtigten Gesamtbevölkerung stimmten hier für die Unabhängigkeit. Doch da die Ukraine lange ein integraler und wichtiger Bestandteil der UdSSR war ergab die plötzliche Spaltung der Ukraine vom Rest der ehemaligen Supermacht (insbesondere von Russland) einige Probleme. So zum Bespiel die Stationierung von Atomsprengköpfen auf ukrainischem Staatsgebiet, welche nach Unterzeichnung des „Budapest Memorandum“ (einem Vertrag zwischen der Russischen Föderation, den USA, dem Vereinigten Königreich und der Ukraine, über die territoriale Integrität Letzterer, sowie
der Zerstörung / Ablieferung nach Russland des von der Sowjetunion geerbten Atomarsenals
der Ukraine) im Jahre 1994 im Eintausch für Sicherheitsgarantien an Russland übergeben
wurden.
2004 kam es dann zur „Orangen Revolution“, bei der es den Demonstranten gelang die
zugunsten des russlandfreundlichen Präsidentschaftskandidaten Wiktor Janukowytsch
gefälschte Wahl durch den Obersten Gerichtshofs der Ukraine für ungültig erklären zu lassen.
[Quelle 13]
Ende 2013 kam es dann zum „Євромаи дан“ („Euromaidan“), einem Massenprotest
welcher Hauptsächlich in Kyı̈v stattfand und sich gegen die russlandfreundliche Politik
und der Nichtunterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der Europäischen
Union der damaligen ukrainischen Regierung richtete. Dabei kamen, bei den zuerst
friedlichen und später von Gewalt beherrschten Protesten, durch Polizeigewalt mehr als
100 Menschen um. Auch politisch extremistischer Gruppen (Rechte und Nationalisten) nahmen an den Protesten teil, was auch heute noch von der russischen Propaganda
ausgeschlachtet wird. Nach dem die Proteste ein immer größeres Ausmaß annahmen
und sich auf andere Städte in der Westukraine ausweiteten, loh der der Präsident
Janukowytsch nach Russland und wurde für vom Parlament abgesetzt erklärt (was
dieser als illegal betrachtet) und die amtierende Regierung trat zurück. Dies führte zu
weiteren Unruhen im Land. Russland nutze die Unruhen derweil, um die strategisch
wichtige Krim und Sewastopol nach einem für illegal Erklärten Referendum zu
annektieren. [Quelle 14&15]
Nach der Annektierung der Krim wurden diverse pro-russische Parteien in den Gebieten
Donezk, Charkiw, Saporischschja und Odessa angewiesen Unruhen zu stiften. Im April
2014 wurde, im Zuge der Aufrufe der Parteien, die Polizeistation in Kramatorsk besetzt.
Nachdem die ukrainische Armee die „Anti-Terror-Operation“ begonnen hat, wurden die
Separatisten aus der Stadt vertrieben. Am 12. Mai erklärte sich der Anführer der
Anführer der Volksmiliz Donezk Igor Wsewolodowitsch Girkin (Oberst des russischen
Militärgeheimdienstes) zum Oberbefehlshaber der Volksrepublik Donezk. Er forderte
alle ukrainischen Streitkräfte auf den Donbass zu verlassen und verhängte das
Kriegsrecht. [Quelle 22 & 23]
Am 26. 5.2014 erobern 200 Aufständische das
Hauptterminal des Flughafens von Donezk. Die
ukrainische Armee griff mit Fallschirmjägern und
Helikoptern die Position der Aufständischen an und
konnte sie zurückschlagen. Am 11.6.2014 lieferte
Russland T-72 Panzer und schwere Waffen an die
Separatisten. Im Juli begann die russische Artillerie
die ukrainische Armee zu beschießen. Gleichzeitig
beschoss die ukrainische Armee die Stadt Donezk in
der sich „Girkin“ zurückgezogen hatte. Russland
bildete im Verlauf des Krieges immer wieder
Separatisten aus und stattet diese mit schweren
Waffen aus.
Am 24.8.2014 griffen 4000 reguläre russische Einheiten die ukrainische Armee mit Panzern an und kesselten diese ein. Am 5.9.2014 unterzeichnet Russland und die Ukraine das Waffenstillstandsabkommen „Minsk I“ in dem es um den Schutz der Zivilbevölkerung geht.
Im Jänner 2015 kam es zum Bruch des Waffenstillstands der Aufständischen Truppen, nachdem der Kommandant des „Batman-Bataillons“ Alexander Bednow getötet wurde und im ganzen Donbass entbrannten erneut heftige Kämpfe. Am 12.2.2015 einigten sich alle Kriegsparteien erneut auf einen Waffenstillstand namens „Minsk II“. Unmittelbar nach dem Abkommen wurde die ukrainische Armee bei „Debalzewe“ zurückgedrängt und die Kämpfe stoppten. In den nächsten Monaten rüsteten beide Seiten mit Panzern
und schwerer Artillerie auf. Am 3.6.2015 entbrannten die schwersten Kämpfe, seit Unterzeichnung des Abkommens, bei „Marjinka“. Die Kämpfe dauerten bis zum 1.9.2015 an und wurden durch einen Kompromiss der ukrainischen Regierung beendet. In den
nächsten Jahren wurden immer wieder kleine Waffenstillstandsverletzungen festgestellt die Waffen blieben aber kalt. Schlussfolgernd kann man sagen das die Gründe des Konfliktes in der Ukraine, teilweise weit in die Vergangenheit des Landes liegen und es nötig ist diese bei der Betrachtung des aktuellen Konflikts zu beachten.
Begriffe:
Revolution:
Eine Revolution ist eine tiefgreifende Veränderung in einem politischen,
sozialen oder wirtschaftlichen System, die oft von Massenprotesten und einem
Streben nach grundlegendem Wandel begleitet wird.
Russifizierung:
Russifizierung bezieht sich auf die Politik oder den Prozess, bei dem die
russische Kultur, Sprache und Identität in Gebieten außerhalb Russlands
gefördert oder aufgezwungen wird.
Separatisten:
Separatisten sind Individuen oder Gruppen, die sich von einer bestehenden
politischen Einheit, wie einem Land oder einer Region, abspalten wollen, um
eine unabhängige nationale oder regionale Identität zu etablieren.
Quellen:
Quelle 1: https://zdfheute-stories-scroll.zdf.de/russland-ukraine-konflikt- zeitstrahl/index.html
Quelle 2: https://treaties.un.org/Pages/showDetails.aspx?objid=0800000280401fbb
Quelle 3: https://www.lpb-bw.de/ukrainekonflikt
Quelle 4: https://www.hks.harvard.edu/publications/budapest-memorandum-25-between-past-and-future
Quelle 6: https://zakon.rada.gov.ua/laws/show/1660-12#Text
Quelle 7: https://archives.gov.ua/Sections/15r-V_Ref/?11
Quelle 8: https://de.wikipedia.org/wiki/Referendum_%C3%BCber_die_Unabh%C3%A4ngigkeit_der_Ukraine#cite_note-2
Quelle 9: https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/holodomor-ukraine-100.html
Quelle 10: https://www.deutschlandfunk.de/zweiter-weltkrieg-in-der-ukraine-ein-riesiger-blinder-fleck-100.html
Quelle 12: https://de.wikipedia.org/wiki/Russifizierung#cite_note-3
Quelle 13: https://content.time.com/time/magazine/article/0,9171,1101041206-832225-1,00.html
Quelle 15: https://praxistipps.focus.de/ukraine-und-russland-die-lange-geschichte-zum-konflikt_141425
Quelle 16: https://osteuropa.lpb-bw.de/ukraine-geschichte0
Quelle 17: https://ssc-rechtswissenschaften.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/s_rechtswissenschaft/Doktoratsstu dium_PhD/Expose1/Rechts-_
und_Verfassungsgeschichte/Die_Westukrainische_Volksrepublik_1918-1923.pdf
Quelle 18: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/info-aktuell/209719/geschichte-der-ukraine-im-ueberblick/
Quelle 20: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Ukraine
Quelle 21: https://www.milak.at/news/detail/galizien-und-die-bukowina
Quelle 22: https://www.swp-berlin.org/10.18449/2019S03/