Ein Blog von Richard Krikler
Mode-Trends bestehen aus immer billiger werdender Kleidung und rasanten Sortimentswechseln. Diese Eigenschaften beschreiben den heute gebräuchlichen Begriff „Fast Fashion“. Aufgekommen ist dieser Begriff zuerst in den frühen 90er Jahren, als er in der „New York Times“, aufgrund der Ankunft der spanischen Marke Zara in New York, genannt worden ist. Die Zeitung wollte mit diesem Begriff das Ziel von Zara, den Prozess eines neuen Designs bis zum Verkauf in Geschäften auf nur 15 Tage zu beschränken, beschreiben. Die von dieser Strategie hervorgerufenen Probleme sind immens. Heute ist der chinesische Online-Händler „Shein“ in der USA verkaufsstärker als die Modelabel H&M und Zara (2021). Seit der Gründung im Jahr 2008 toppt Shein alle anderen Modemarken und das nicht nur in Bezug auf den Umsatz oder der Popularität (meistbesuchte Fashion-Website, 2021), sondern auch in Bezug auf die Probleme.
Shein betreibt nämlich nicht Fast Fashion, sondern Ultra Fast Fashion und das zu extrem niedrigen Preisen (Bsp: Pulli 8,50€, Kleid 2€). Im Jahr 2020 hatte das Unternehmen 8,6 Milliarden Euro Umsatz. Diese Form von Fast Fashion wird bei der Menge an neuen Produkten, die jeden Tag dazukommen deutlich. Zirka 7.000 bis 8.000 neue Produkte sind es bei Shein. Bei Zara sind das im Vergleich ca. 30 und bei Fashion-Nova ca. 110 pro Tag. Jetzt stellt man sich da natürlich die Frage: „Woher kommen die Designs?“. Viele der Designs der angebotenen Produkte sind gestohlen. Einerseits von großen Modedesignern, aber auch von eigenständigen und unabhängigen Einzelpersonen. Diese sind oft eigentlich gegen den Fast Fashion Trend und für nachhaltige Produktion und Qualität im kleinen Rahmen. Wenn nun also ein unabhängiger Designer gegen Shein klagen möchte, ist es so wie bei vielen anderen Großunternehmen. Man hat schlussendlich fast keine Chance, als einzelne Person gegen einen Megakonzern anzukommen. Dieser Diebstahl ist in der Modebranche aber keine Seltenheit (Beispiele ähnlich zu Shein: Emmiol, AliExpress, etc.). Shein versucht aber durch Marketingkampagnen ihre Kopie-Strategie zu verstecken. Als Beispiel kann „Shein X“ genannt werden, wobei neue, junge Designer angeworben werden.
Neben den gestohlenen Designs benötigt es noch einen weiteren wichtigen Aspekt, um die Preise der Produkte so gering zu halten. Shein hat eine komplett undurchsichtige Lieferkette. Somit kann zum Beispiel nicht gesagt werden, woher die einzelnen Materialien stammen, und eben auch unter welchen Bedingungen diese produziert wurden. Mittlerweile ist aber bekannt, dass die Kleidung zum Großteil aus vielen kleinen Nähereien in Guangzhou in China stammen. Durch die „Clean Clothes Campaign“ konnten ein paar Nähereien ausfindig gemacht werden und so auch Informationen über die Arbeitsbedingungen der Näher. Oft kommt es vor, dass ein Arbeitstag 11 bis 12 Stunden dauert, wobei 7 Tage die Woche gearbeitet wird und nur einmal im Monat ein freier Tag den Arbeitern zur Verfügung steht. Diese Arbeitszeiten sind eigentlich in China verboten, werden aber trotzdem angewendet ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Angestellten. Oft kommen die Arbeiter aus ärmeren Regionen Chinas freiwillig zu diesen Nähereien, um dort Geld verdienen zu können. Es gibt auch keine formellen Arbeitsverträge. Obwohl dies illegal ist, hat sich das in der Textilindustrie Chinas im Allgemeinen etabliert. Als weiteres Beispiel der Arbeitsbedingungen kann das Fehlen der Notausgänge bei den Gebäuden und fehlender Brandschutz genannt werden. Selbst im Hauptwarenlager sieht das nicht anders aus, dort wird zwischen 12 und 14 Stunden gearbeitet und das zu 28 Tagen im Monat. Auf der Website von Shein wird mit dem Zertifikat SA8000 geworben, welches sich gegen Kinder- und Zwangsarbeit einsetzt und im Allgemeinen für bessere Arbeitsbedingungen. Es stellt sich aber heraus, dass Shein laut SAI (Social Accountability International = Organisation, die dieses Zertifikat verwaltet) nie Kontakt mit ihnen hatte.
Nun zum Umweltaspekt. Global ist die Textilindustrie zu über 8,1% (2016) der Treibhausgase verantwortlich. Oft wird heute Polyester in unserer Kleidung verwendet, da dieses günstiger ist als die meisten anderen Stoffe. Es wird aber hierfür Erdöl benötigt, um das Plastik herstellen zu können. Zudem ist die Haltbarkeit niedriger und die fertigen Kleidungsstücke verlieren Mikroplastik beim Tragen, aber vor allem beim Waschen. Diese Mikroplastik gelangt dann wiederum ins Meer und so auch wieder in unsere Nahrung. Mehr als die Hälfte der gekauften Kleidung (60%) pro Jahr landet im Müll und wird dann entweder verbrannt oder landet auf einer Müllhalde. Wenn man sich nun aber denkt, dass man seine Kleidung einfach in die Spendenboxen geben kann und damit alles was man hineingegeben hat, verwertet wird, dann stimmt das nicht. Nur ca. 20% der Kleidung wird weiterverwendet und die restlichen 80% landen auf dem Müll. Beim Blick auf die Corporate-Social-Responsiblity Webseite von Shein fällt einem der hervorgehobene Wert der Nachhaltigkeit und der recycelten Materialen auf. Vergleicht man nun aber die Zahlen, dann erkennt man, dass nur ein Bruchteil tatsächlich (laut Shein) aus recycelten Materialien besteht. Auf der deutschen Seite gibt es 1400 recycelte und 740.000 neue Polyester Produkte. Somit ergibt sich bei diesem Vergleich ein Anteil von 0,18% (bei Baumwolle sind es 0,07%).
Ein weiterer wichtiger Punkt, der hier zu nennen wäre, ist das stark vertretene Marketing im Bereich Social Media und Influencer. Dieses Thema würde hier aber den Rahmen dieses Blogs sprengen (Videoempfehlung: https://youtu.be/pBiNayftkpE).
Abschließend kann ich noch als Appell mitgeben, dass seitens der Gesetzgeber strikter gegen solche Unternehmen vorgegangen werden sollte und das in allen genannten Bereichen (Copyright Verstöße, Menschenrechte/ Arbeitsrechte, Umwelt). Auch bezüglich der Transparenz der Lieferkette sollte sich noch einiges tun. Informiert euch bei der Clean Clothes Kampagne (http://www.cleanclothes.at) und schaut nach wie eure Kleidung produziert wurde auf www.fashionchecker.org!
Quellen:
https://youtu.be/2Go4Npf1hYU (11.02.2022)
https://earth.org/what-is-fast-fashion (12.02.2022)
https://de.wikipedia.org/wiki/Shein_(Unternehmen) (12.02.2022)
https://www.cleanclothes.at/de (13.02.2022)
https://fashionchecker.org/de (13.02.2022)