Ein Schülerblog von Christian Klepitsch.
> Fahrdienstleiter, ein aussterbender Beruf?
Seit Jahren läuft in Österreich die Umstellung auf elektronische Stellwerke. Ein
Bahnhof nach dem anderen wird umgebaut.
Es verschwinden aber nicht nur die alten mechanischen Apparate oder die Räume
voll mit Relais, sondern auch die Bediensteten. Die Fahrdienstleiter. Sie sorgen
seit über einem Jahrhundert dafür, dass die Züge pünklich und sicher unterwegs
sind. Jene Männer und Frauen, die mit der roten Dienstkappe für Ordnung am
Bahnhof sorgen.
Zuletzt wurden in Linz viele Stellwerke des Frachtenbahnhofes in die BFZ
(Betriebsferstuerzentrale) eingebunden auch das einst modernste Stellwerk
Österreichs, das Zentralstellwerk in Linz. Ein Spurplanstellwerk der Firma ITT
(Bauart SpDrL) mit großer Panoramatafel und Bedienung über Computer, am 21.
September 1989 in Betrieb genomenn wurde es bereits 2019 durch ein ESTW
(elektronisches Stellwerk) ersetzt. Das Vorgängerstellwerk überlebte den 2.
Weltkrieg und tat über 50 Jahre seinen Dienst.
Um die Vorteile und Probleme, die diese Entwicklung mit sich zieht, zu
erläutern, muss ich ersteimal weiter ausholen.
Geschichte der Stellwerkstechnik in Österreich
Doch wie hat alles angefangen.
Alles began 1837 mit der ersten Eisenbahn in Österreich. Ab dem späten 19.
Jahrhundert entstanden die ersten Signale und damit auch die ersten Stellwerke.
Früh setzte man in der k. u. k. Monarchie auf Vereinheitlichung schon ab 1880
wurde von mehreren Herstellern die Bauart 12SA entwickelt. Einige dieser Anlagen
haben bis Heute auf Neben und Museumsbahnen überlebt.
Abbildung 1Nur die Südbahn benutze ihre eigene Bauart SBW500 (Südbahnwerke 500).
1907 wurde die Bauart 5007 als neues Regelstellwerk festgelegt. Dazu gab es dann
auch ein eigenes Befehlswerk. Damit sorgte der Fahrdienstleiter dafür, dass in
den oft über den ganzen Bahnhof verteilten Stellwerken die richtigen Weichen und
Signale gestellt werden. Am Schubknopfapparat (nach seinem Entwickler oft als
Rankapparat) bezeichnet wählt der Fahrdienstleiter das zu befahrende Gleis und
ob ein Zug in den Bahnhof einfahren oder ausfahren soll. Über Blockfelder –
elektromechanische Einrichtungen die zur Kommunikation zwischen
Fahrdienstleitung und Stellwerk dienen – und einem Gleisanzeiger wird dem
Stellwerkswärter mitgeteilt welche Fahrstraße er stellen muss. (z.B. von Bahnhof
A in Gleis 2 oder von Gleis 1 nach Bahnhof C). Die Mechanik verhindert das
Weichen falsch gestellt oder bei fahrtzeigenden Signal umgestellt werden.
Bis heute sind diese Stellwerke unverzichtbar. Vor allem auf Nebenstrecken und
auf wenigen Hauptbahnen sind sie noch zu finden.
Abbildung 2Abbildung 3Diese zuverlässigen mechanischen Apparate blieben bis in
die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts Standard bei Neubauten, vereinzelt wurden
auch später noch Rankpparate neu gebaut (z.B. 1994 in Wolfsberg). Doch schon in
den 20ern und 30er bekamen sie Konkurrenz. Die elektromechanischen Stellwerke
Bauart 42733 von Siemens vereinfachten die Arbeit wesentlich, da Weichen jetzt
nicht mehr von Hand über Ketten und Drahtzüge gestellt wurden, sondern von
Motoren angetrieben werden und die Signale jetzt nur mehr Lichtsignale waren.
Später wurden auch viele 5007er Stellwerke auf Lichtsignale umgebaut.
Abbildung 4Mit dem Anschluss 1938 kam eine weitere Stellwerksbauart nach
Österreich. Die Deutsche Einheit. Sie wurde vor allem dort aufgestellt wo es
Kriegswichtige Ausbauten gab.
Abbildung 5Auch die Aufstellung von Lichtsignalen rückte kriegsbedingt immer
weiter in den Hintergrund. In der Reichsbahnzeit kamen auch die heute noch
üblichen Signalflügel in Löffelform und die runden Vorsignalscheiben nach
Österreich. Unten links die altösterreichischen Signale rechts die Umgebauten.
Abbildung 6Nach dem Krieg wurden beim Wiederaufbau mancherorts bereits die neu
entwickelten elektromechanischen Stellwerke der Bauarten K46 und K47 eingebaut.
Das K steht für Kraftstellwerk, die Zahl für das Entwicklungsjahr. Eines der
Größten wurde am Wiener Südbahnhof aufgestellt. Perfektioniert wurde die
Entwicklung mit der Bauart EM55 (EM für elektromechanisch), die bereits über
einen selbsttätigen Fahrstraßeneinlauf verfügte. Damit entfiel das einzelne
Stellen von Weichen. Eine solche Anlage steht bis heute in Hadersdorf am Kamp
(NÖ).
Abbildung 7Doch die Entwicklung blieb nicht stehen. Bereits wenige Jahre später
wurden die ersten rein elektrischem Stellwerke gebaut. Das Drucktastenstellwerk
(DrS) von WSW (Wiener Schwachstrom Werke, unter diesem Namen firmierte Siemens
damals in Österreich, brachte Relais anstelle mechanischer Verschlüsse und
vereinfachte die Bedienung noch weiter, da die Tasten im Gleisbild angeordnet
werden konnten.
Abbildung 8Berühmt wurde das Stellwerk Wr. Neustadt, das einen über 3 Meter
breiten Stelltisch besaß.
Abbildung 9Eine weitere Verbesserung brachte ab den 70er Jahren die
Spurplantechnik. Ein neues innovatives System das den Aufbau der Schaltung für
ein Stellwerk um ein Wesentliches vereinfacht. Dieses Prinzip wird noch heute
bei der Programmierung von elektronischen Stellwerken verwendet.
Auf der großen Panoramatafel konnte alles Übersichtlich dargestellt werden und
bei den späteren Ausführungen erfolgte die Bedienung bereits über Computer.
Abbildung 10Um die Kosten für neue Stellwerke auf kleinen Bahnhöfen zu senken
wurde dann 1980 ein Vereinfachtes Gleisbildstellwerk VGS80 entwickelt. Das in
vielen Bahnhöfen zur Anwendung kam.
Abbildung 11: Fahrdienstleiter Stefan Winkler hofft auf baldigen Normalbetrieb.
(Bild: ÖBB)Die BFZ. Fluch und Segen zugleich
Mit der Einführung von elektronischen Stellwerken Anfang der 2000er Jahre kam
auch immer mehr die Idee auf, größere Bereiche zentral zu steuern und nicht mehr
jeden Bahnhof mit einem Fahrdienstleiter zu besetzten.
Dies bringt den Vorteil, dass durch die zentrale Bedienführung, der Fahrplan
besser eingehalten werden kann, da bei Auftreten von Unregelmäßigkeiten schnell
abgestimmt gehandelt werden kann und somit nachfolgende Züge nicht behindert
werden. Außerdem sind die Kosten für das Unternehmen Bahn geringer, da ein
Fahrdienstleiter gleich mehrere Bahnhöfe gleichzeitig steuert und somit der
Personalaufwand gesenkt werden kann.
Leider gibt es auch Nachteile, die der Bahnkunde erst zu spüren bekommt, wenn
wirklich eine größere Störung am Stellwerk (dieses Befindet sich weiterhin am
Bahnhof selbst, nur die Bedienung erfolgt von der Fernsteuerzentrale aus) oder
an einer Weiche auftreten. Das fehlende Personal vor Ort schränkt die schnelle
Störungsbehebung ein – auf besetzten Bahnhöfen ist meist Werkzeug vorhanden um
eine nicht in Endlage befindliche Weiche in diese zu Bringen und zu fixieren.
Zusätzlich besteht eine Möglichkeit die Reisenden persönlich zu Informieren und
auch für diese gibt es keine Möglichkeit Hilfe zu erhalten, wenn z.B. der
Fahrkartenautomat nicht funktioniert.
Derzeit ist man noch bestrebt alle Bahnhöfe in die jeweiligen
Fernsteuerzentralen Wien, Villach, Linz, Salzburg und Innsbruck einzubinden.
Davon sind wir aber noch Jahre entfernt. Vor allem ist fraglich ob das Projekt
jemals zur Gänze realisiert wird, da in vielen anderen Ländern bereit wieder
dezentralisiert wird.
Am längsten halten werden sich die klassischen Fahrdienstleiter in Bahnhöfen auf
Nebenstrecken und an den Grenzstationen, da die Übergabe oft besondere Maßnahmen
fordert, die nur ein Mitarbeiter vor Ort tätigen kann.
Quellen (Aufgerufen am 15.06.2020):
Themen:
-http://stellwerke.blogspot.com/
–
https://industriemagazin.at/a/linz-oebb-machen-eines-der-groessten-stellwerke-oesterreichs-elektronisch
Bilder:
– Abbildung 1: http://www.hmmueller.de/DVD7_x560/4150-039_7604.jpg
– Abbildung 2: http://www.hmmueller.de/DVDA_x1000/59-007.jpg
– Abbildung 3:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/17/11074OhneRand.jpg
– Abbildung 4: Unbekannt
– Abbildung 5: http://www.hmmueller.de/DVD6_x1000/3400-044.jpg
– Abbildung 6: Unbekannt
– Abbildung 7: http://www.hmmueller.de/Pana_x1000/P1030009.JPG
– Abbildung 8: http://www.hmmueller.de/VonAnderen_x560/PA090015.JPG
– Abbildung 9: http://www.hmmueller.de/DVD4_x1000/2100-077.jpg
– Abbildung 10: http://www.hmmueller.de/DVD2_x1000/80005.jpg
– Abbildung 11: https://twnews.at/at-news/die-ruhe-im-bus-ist-sehr-seltsam
-Harald M. Müller auf http://stellwerke.blogspot.com/
-Titelbild: http://raildata.info/ost16/ost160706.jpg