Ein Schülerblog von Harman Dhanoya und Benedikt Schmid.
Der Begriff
Woher der Begriff „Liquid Democracy“ kommt, ist schwer zu ermitteln. Dieser
Begriff taucht in vielen verschiedenen Online-Foren auf, ist aber kaum präzise
zu fassen. Selbst bei großen Online-Lexika fehlen jegliche Erklärungen sowohl im
Englischen als auch im Deutschen. Für die heutige Zeit, in der fast alles im
Internet sehr genau beschrieben wird, ist es eine Seltenheit, dass so ein
Begriff noch nicht so genau erklärt werden konnte.
Das Konzept dahinter
Die Piratenpartei definiert auf ihrer Homepage z.B: “Liquid Democracy” ist eine
Mischform zwischen indirekter und direkter Demokratie. Während bei indirekter
Demokratie ein Delegierter zur Vertretung der eigenen Interessen bestimmt wird
und bei direkter Demokratie alle Interessen selbst wahrgenommen werden müssen,
ergibt sich bei Liquid Democracy ein fließender Übergang zwischen direkter und
indirekter Demokratie. Jeder Teilnehmer kann selbst entscheiden, wie weit er
seine eigenen Interessen wahrnehmen will, oder wie weit er von Anderen vertreten
werden möchte. Insbesondere kann der Delegat jederzeit sein dem Delegierten
übertragenes Stimmrecht zurückfordern, und muss hierzu nicht bis zu einer neuen
Wahlperiode warten. Es ergibt sich somit ein ständig im Fluss befindliches
Netzwerk von Delegationen.“
Es gibt in Deutschland seit 2009 sogar einen Verein der sich „Liquid Democracy
e.V“ nennt. Auf deren Homepage definieren sie die „flüssige“ Demokratie so:
„Liquid Democracy“ ist eine Bezeichnung für unterschiedliche Ansätze unsere
heutige Demokratie flüssiger, transparenter und flexibler zu gestalten. …
Liquid Democracy ist nicht nur als Staatsform denkbar, sondern auch als eine
neue Form des kooperativen Managements“.
Auf der Homepage des Vereins steht auch, dass deren Mitglieder an Ideen und
Projekten zusammen arbeiten, die unsere heutige Demokratie flüssiger,
transparenter und flexibler gestalten sollte. Dazu gehört aber auch noch die
praktische Umsetzung dieser Idee durch ein weiteres Software-Projekt, den dieses
ist der Schlüsselpunkt der „flüssigen“ Demokratie.
Die Theorie dahinter
Hinter der Idee von einer „Liquid Democracy“ gibt es mehrere Vorstellungen, wie
es funktionieren könnte, denn das Netz glaubt daran, dass man durch das Internet
die Leute dazu animieren könnte, sich mehr bei einem politischen
Entscheidungsprozess zu engagieren. Damit sei der Einstieg in eine
plebiszitär-basisdemokratische Gesellschaft möglich. In diesem Sinne wird das
Internet als „Demokratiemedium“ verwendet.
Fazit & Kritik
Tatsächlich findet Politik im Internet aber nur in einer kleinen Nische statt
und bietet dort allenfalls eine neue Spielwiese für die auch außerhalb des
Internets politisch Interessierten und Aktiven. Das Politikinteresse allgemein
wird durch das Internet nicht gesteigert. Die Bedeutung von politischen Themen
im Netz wird von denen überschätzt, die sich für Politik interessieren und dort
aktiv sind. Tatsächlich ist das Internet wesentlich mehr ein Markt- und
Spielplatz als ein politisches Forum.
Das Internet verstärkt zugleich die Defizite direkter Demokratie, weil es nicht
alle Bürger anspricht, sondern die politisierten Internetnutzer privilegiert.
Durch die Geschwindigkeitseuphorie des Netzes wird die Oberflächlichkeit dort
gebildeter Meinungen gefördert. Die Möglichkeit der permanenten Meinungsabfrage
im Internet wird gerne als erster Schritt zur Ablösung der repräsentativen
Demokratie durch Formen der direkten Demokratie der Volksabstimmungen begrüßt.
Dabei wird oft ignoriert, dass das Internet erhebliche Teile der Bevölkerung
ausschließt, die keinen Internetzugang haben oder das Netz selten nutzen:
Kontinuierlich wird übersehen, dass nur 70 Prozent der Bürger über 14 Jahre
überhaupt einen Netzzugang haben und nutzen, allenfalls ein Fünftel der Bürger
kann als regelmäßige Internetnutzer betrachtet werden.
Das Konzept der Liquid Democracy bringt auf Basis der neuen
Internet-Technologien richtungsweisende Ansätze zu mehr Transparenz und
Partizipation von Bürgerinnen in die repräsentative Demokratie. Die Kritik am
Konzept der Liquid Democracy bezieht sich u.a. auf die bereits erwähnten
gesellschaftlichen Trennlinien. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die
einzelnen BürgerInnen durch die Menge und Komplexität der Entscheidungen, die
täglich getroffen werden müssen, überfordert werden – ein Problem, das auch das
deliberative Demokratiemodell
[http://www.demokratiezentrum.org/themen/demokratiemodelle/beteiligungszentrierte-demokratie.html]
kennt. Somit erfordert die Liquid Democracy ein hohes Zeitbudget und
Entscheidungen können nur langsam gefällt werden. Zudem fehlt im Gegensatz zur
repräsentativen Demokratie in der Liquid Democracy eine direkte verantwortliche
Person, die sich begründen und rechtfertigen muss.
Die Bedeutung des Internets für die Demokratie ist unumstritten. Es sorgt von
oben für mehr Transparenz, Legitimation, Information und ressourcenschonende
Organisation. Zudem wird mit Hilfe des Internets eine direkte politische
Kommunikation und ein kommunikativer Austausch gefördert, der den Großteil der
Bevölkerung erreicht und alle Kommunikationsstile anspricht. Dadurch ermöglicht
das Internet sowohl den direkten Kontakt zu Politikerinnen als auch den Diskurs
unter vielen.
Quellen:
https://www.freitag.de/autoren/steffen-kraft/was-ist-liquid-democracy
(Abgerufen am 16.11.2019)
http://www.demokratiezentrum.org/themen/demokratiemodelle/e-democracy-liquid-democracy.html
(Abgerufen am 15.11.2019)
http://www.polipedia.at/tiki-index.php?page=Liquid+Democracy
(Abgerufen am 14.11.2019)
(Abgerufen am 14.11.2019)