Ein Blog von Tamara Marl und Loreine Maly
Schule – gestern, heute, morgen
In Österreich ist es glücklicherweise kein Privileg mehr Schulen zu besuchen. Wir alle haben die Möglichkeit in ihnen zu lernen; uns Wissen anzueignen. Darüber sollten wir uns doch freuen, oder nicht?! Immerhin war es ein langer Weg, bis wir an diesem Punkt angelangt sind.
Im Jahr 1774 führte Maria Theresia erstmals die Unterrichtspflicht ein. Somit konnten nun endlich auch weniger wohlhabende Kinder am Unterricht in Schulen teilhaben, auch Mädchen. Für sie konnte man weiterhin nur von einem vergleichbar kleinen Erfolg sprechen. Die Bildung zielte vorerst eher auf eine hauswirtschaftliche Ausbildung ab. Erst mit dem Jahr 1878 war Frauen die Ablegung der Matura gestattet. 1929 studierten an den technisch-gewerblichen Bundeslehranstalten in Wien etwa 600 Studenten, jedoch nur acht Studentinnen. Lange Rede, kurzer Sinn: Auch wenn wir uns glücklich schätzen können, dass wir heute grundsätzlich jede Schule besuchen dürfen, sollten wir nicht vergessen, dass immer noch genügend Probleme in unserem Bildungssystem bestehen, die es zu lösen gilt. Bevor wir uns aber den gegenwärtigen Herausforderungen unseres Bildungssystems zuwenden, werfen wir vorerst einen kurzen Blick noch weiter zurück und beleuchten die Schulbildung im Mittelalter:
Die Bildung im Mittelalter
Die Schule, die wir alle so gut kennen, gab es in dem Mittelalter noch nicht. Bildung war damals ein Privileg der hochgestellten Bevölkerung und der Regel nach auch nur für Männer zugänglich. Die Schüler hatten es zu dieser Zeit nicht sonderlich einfach. Sie hatten nicht sehr viel Auswahl, was sie denn lernen werden und wurden meist in speziellen Schulen auf ihren, von den Eltern gewählten, zukünftigen Beruf vorbereitet. Der Unterricht bestand zu dieser Zeit fast gänzlich aus Auswendiglernen und wer dies nicht schaffte, wurde vom Lehrer mit der Rute bestraft, welche auf einigen Malereien von Schulen zu sehen ist.
Besonders Karl der Große setzte sich für die Entstehung mehrerer Schulen ein, da er mehr Wert auf Bildung legte hat als seine Vorgänger. Er sorgte dafür, viele Gelehrte in seinem Umfeld zu haben und ließ mehrere Klosterschulen errichten, in denen Schüler und junge Mönche ausgebildet wurden.
Da Klöster in mittelalterlichen Zeiten eine große Rolle spielten, weil der Glaube und die Kirche im Mittelpunkt standen, wurden sie ebenfalls für die Bildung von Kindern und Jugendlichen benutzt. Dort lernten sie Latein und lasen religiöse Schriften und die Bibel. Die Schüler sollen in dieser Form von Schule auf eine religiöse Laufbahn vorbereitet werden.
Neben anderen religiösen Schulen gab es im späteren Mittelalter auch Stadtschulen, welche, statt den Schülern der städtischen Oberschicht eine religiöse Bildung bieten, sich vermehrt auf die Ausbildung zukünftiger Kaufleute konzentrierte. Auch in Wien wurden etwas später drei Stadtschulen errichtet, welche sich bei St. Stephan, St. Michael und am Schottenstift befanden.
Für die untere Schicht der Bevölkerung gab es die Möglichkeit, einen privaten Lehrer zu organisieren, um den Kindern ein Minimum an Bildung zu ermöglichen. Oft hatten diese Lehrer selbst nur eine schlechte Ausbildung, wodurch der Unterricht weniger lehrreich war. Diese Schulform wurde Winkelschule genannt.
Tatsächlich gab es ein paar wenige Möglichkeiten, um auch als Frau gebildet zu werden. Einige Frauen der Obersten Schicht wurden in Frauenklöstern unterrichtet. Die einfachste Option, als Mädchen Bildung zu erhalten, war, sich in einem Kloster als Nonne ausbilden zu lassen. Unter anderem war es zum Teil auch möglich, einzelne Winkelschulen zu besuchen, aber auch das kam selten vor. Karl der Große war nicht daran interessiert, Mädchen gute Bildung zu gewähren und fokussierte sich ausschließlich auf reiche oder besonders intelligente Buben. Die mangelhafte Bildungssituation für Frauen und junge Mädchen hielt leider auch noch nach dem Mittelalter an.
Unser heutiges Bildungssystem – Zeit für Veränderungen?!
Und wie sieht es heute aus mit der Bildung? Nun ja, ganz so einfach lässt sich diese Frage wohl nicht beantworten. Wie vorhin bereits erwähnt; obwohl Österreich im Bildungsbereich erhebliche Fortschritte gemacht hat und viel in das Bildungssystem investiert hat, bleiben zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen.
Viel Verbesserungspotential hat beispielsweise die Inklusion von Kindern mit besonderen Bedürfnissen. Von zentraler Bedeutung ist: Nicht die Kinder müssen zu den Schulen passen, sondern die Schulen zu den Kindern. Daher besteht eine wichtige Maßnahme darin, das Angebot an inklusiven Schulen und ähnlichen Institutionen zu erweitern.
Kommen wir nun wieder zur Bildung von Frauen in Österreich. Das Bildungsniveau hat bis heute eine beachtenswerte Entwicklung erfahren; so lag der Anteil an Frauen mit Bildungsabschluss an mittleren und höheren Schulen im Jahr 2019 bei 33.3%. Dieser Wert ist, dem der Männer immerhin um ganze 5.9% überlegen.
Wenn man jedoch die Auswahl der Studienrichtung oder Berufsausbildung betrachtet, sind doch noch erhebliche Geschlechterdifferenzen erkennbar. Bereits der Anteil an jungen Frauen, die HTLs besuchen, spiegelt das deutlich wider. Weniger als 30% hatten sich für das Schuljahr 2019/20 für solch eine technische Ausbildung entschieden.
Zufall? Wohl eher nicht. Natürlich können wir insgesamt von einer sehr positiven Entwicklung sprechen, jedoch gehen die soeben präsentierten Zahlen vermutlich auf die frühere fehlende bzw. unzureichende Förderung von Mädchen und Frauen in technischen Bereichen zurück.
Um dem bestmöglich entgegenzuwirken, wurden in Österreich in den letzten Jahren viele Initiativen und Projekte zur Stärkung der technischen Interessen und Fähigkeiten eingeführt. Bekannte Beispiele sind das FIT (Frauen in die Technik) Projekt, der „Girl’s Day“, das LEA (Let’s Empower Austria) Projekt, oder auch die MiT (Mädchen in die Technik) Initiative der Johannes Kepler Universität Linz.
Es gäbe noch so viel Gesprächsstoff zum Thema Gleichstellung der Frau in der Bildung und weitergehend im Berufsleben, aber es ist nun mal nicht das einzige Problem in unserem Bildungssystem, also widmen wir uns nun der psychischen Belastung von Schüler*innen.
Mentale Belastung Jugendlicher
Wir alle haben vermutlich bemerkt, dass das Thema „psychische Probleme“ bei Schüler*innen, vor allem seit der Corona Pandemie, sehr präsent ist. Aber warum denn eigentlich? Welche Faktoren sind häufige „Trigger“ für die mentale Belastung? Können wir etwas dagegen unternehmen?
Infolge der Covid-19-Krise sind Depressionen, Zukunftsängste und suizidale Gedanken bei Schülerinnen und Schülern deutlich häufiger aufgetreten. Es gibt jedoch nicht nur in Zusammenhang mit der Pandemie, sondern auch unabhängig davon, genügend Faktoren in unserem Bildungssystem, die besorgniserregende mentale Probleme bei Schülerinnen und Schülern hervorrufen können.
Schulischer Stress und Leistungsdruck, Mobbing und soziale Ausgrenzung, fehlendes Interesse am Lehrstoff… Zu mindestens einem dieser Punkte könnten wahrscheinlich die allermeisten Schüler*innen persönliche Erfahrungen einbringen.
Oftmals unterschätzen Lehrkräfte die Menge an Aufgaben, die sie ihren Schüler*innen aufgeben, bzw. den Aufwand, den sie beanspruchen, was zu einem gesteigerten Stresslevel führen kann.
Schüler*innen sind häufig durch Schule, Hobbys, Familie und andere Verpflichtungen oder Aktivitäten stark eingespannt und haben dadurch vielmals nur sehr begrenzt Freizeit zur Verfügung. Dennoch wird erwartet, dass sie die gesamte Arbeit in einem oft geringen Zeitraum fertigstellen, ohne jegliche Berücksichtigung dieser Faktoren.
Schulischer Stress ist aber nicht nur von der Zeit abhängig, die in schulische Arbeiten investiert wird. Auch Probleme unter den Klassenkolleg*innen oder mit Lehrer*innen können die Psyche stark belasten. Trotz der großen Aufmerksamkeit, die dem Thema Mobbing gewidmet wird und vielen Gegenmaßnahmen gibt es unzählige Opfer, die täglich aus erster Hand erfahren müssen, was es tatsächlich bedeutet, gemobbt zu werden. Statt die Mobbenden zur Verantwortung zu ziehen, werden den Opfern oft Lösungen vorgeschlagen, wie sie damit umgehen sollen oder die Situation „verbessern“ können. Doch wirklich effektiv sind diese Lösungen leider selten.
Der häufigste Grund für Probleme in der Schule ist Leistungsdruck. Die Erwartungen von Familienmitgliedern oder die eigenen zu erfüllen, ist nicht immer einfach. Unser Bewertungssystem in der Schule führt dazu, dass die Schüler*innen ständig miteinander verglichen werden. Oft heben die Lehrer*innen oder Eltern beispielsweise bestimmte Leistungen hervor, wodurch Schüler*innen unter Druck gesetzt werden können.
Bildung – quo vadis? Überlegungen zur Zukunft des Bildungssystems
Wie bereits dargelegt wurde weist unser Schulsystem einige Schwachstellen auf, die es in Zukunft zu beheben gilt. Wie wird unsere Schule also in Zukunft aussehen, was wird sich ändern?
Digitalisierung wird in den nächsten Jahren eine immer größere Rolle spielen. Die Nachfrage nach digitalen Kompetenzen im Alltag nimmt stetig zu. Bereits kommendes Schuljahr werden die Lehrpläne geändert, um mehr Finanz- und Medienbildung zu vermitteln. Darüber hinaus sollen neue Fächer eingeführt werden, die den Schüler*innen das richtige Lernen vermitteln und über den Klimawandel aufklären.
In den Medien wird derzeit viel über künstliche Intelligenz berichtet. Nun stellt sich die Frage, inwiefern sich die neue Erfindung ChatGPT auf den Schulunterricht auswirken wird. Angesichts der neuen Situation haben Lehrer*innen verschiedene Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Das Blockieren der Webseite im Schulnetzwerk hindert Schüler*innen nicht daran, die Software in ihrer Freizeit zur Erledigung von Hausaufgaben zu nutzen – ist also nicht unbedingt zielführend. Für einige Lehrer*innen klingt es wiederum verlockend, ChatGPT in den Unterricht zu integrieren. Anstatt es zu verbieten, können die Lehrenden die Website beispielsweise auch selbst nutzen, um Aufgabenstellungen zu generieren. In der Zukunft könnte der Chat-Bot monetarisiert werden, um die Verbreitung und Nutzung des Modells zu kontrollieren und um Einnahmen zu generieren.
Ein Blick über den Tellerrand: Was können wir von anderen Bildungssystemen lernen?
Es gibt Länder, in denen es bedauerlicherweise immer noch eine große Kluft zwischen den Geschlechtern im Bildungsbereich gibt, insbesondere in Ländern mit stark patriarchalischen Strukturen und konservativen Geschlechterrollen. In Bezug auf diese Thematiken und weiteren kann man sagen, dass das österreichische Bildungssystem vergleichsweise fortschrittlich ist. Andererseits: Es hat immer noch genügend Schwachstellen, von denen wir bereits einige thematisiert haben. Weiters sind die Lehrpläne relativ streng standardisiert, was eine gewisse Gleichheit in der Ausbildung zur Folge hat. Es stellt sich die Frage, ist dies nur positiv zu bewerten?
Sollten wir uns nicht damit befassen, was wir wirklich wollen?! – Was sind unsere Stärken? Was würde uns Freude am Lernen bereiten und wo könnten wir unser volles Potenzial ausschöpfen?
Es gibt Länder, die ein weitaus fortschrittlicheres Bildungssystem haben als Österreich, beispielsweise Finnland. Es gibt flexible Lehrpläne und Schulen werden gemeinsam entwickelt, von Lehrer*innen, Schüler*innen und deren Eltern. Auch im Thema Digitalisierung hat Finnland Österreich einiges voraus. Unser Schulsystem bedarf also noch erheblicher Optimierung. Möglicherweise können wir uns hierbei von anderen Ländern oder innovativen Ansätzen inspirieren lassen.
Quellen:
https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulsystem/sw_oest.html
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Allgemeine_Schulordnung_(1774)
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Frauenbildung
https://www.technischebildung.at/paedagoginnen/maedchenfoerderung/
https://www.betzold.at/blog/schule-im-mittelalter/
https://schulmuseum.schule.wien.at/aus-wiens-schulgeschichte/wiener-schulen-im-mittelalter/
https://www.schulranzen.net/blog/schulalltag/schulstress-ursachen-symptome-massnahmen/
https://www.derstandard.at/story/2000142168293/chatgpt-kuenstliche-intelligenz-in-der-schule
https://www.vidyard.com/media/future-of-work-1024×576.jpg
https://www.leben-im-mittelalter.net/gesellschaft-im-mittelalter/bildung.html
Allmers Swantje, Trautmann Michael, Magnussen Christoph (2022). ON THE WAY TO NEW WORK: Wenn Arbeit zu etwas wird, was Menschen stärkt (1. Aufl.). Franz Vahlen Verlag, 279
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