Ein Blog von Naila Subasic und Eduard Smola
Tranq, oftmals auch als Zombie-Droge bezeichnet, hält mit ihrer hohen Todesrate und starken Entzugserscheinungen die USA in Atem
Was ist Tranq?
Xylazin ist ein in der Tiermedizin weit verbreiteter Arzneistoff und wurde ursprünglich als Beruhigungs- und Schmerzmittel für Tiere, wie Pferde oder Hirsche, verwendet. Seit einigen Jahren wird dieses Mittel mit Drogen wie Heroin oder Fentanyl, einem Opioid, welches eigentlich als Schmerzmittel in Krankenhäusern eingesetzt wird und über 70-mal stärker als Morphin und 50-mal so stark wie Heroin ist, vermischt, um deren Wirkung zu verlängern. Tranq lautet der Straßenname dieser neuen Droge.
Reines Fentanyl hat eine Wirkungsdauer von bis zu einer Stunde. Um diese Wirkungsdauer zu verlängern, wird Xylazin vermischt, welches die Dauer auf bis zu acht Stunden erhöht. So kommt es zu dem „Zombie“-Effekt, bei dem Personen über Stunden oder sogar Tage die Kontrolle über sich selbst verlieren.
Die Folgen der Droge
Tranq hat nun eine alarmierende Präsenz auf dem Drogenmarkt erreicht. Die erschreckenden Folgen dieser Droge sind durch Wunden, die sich quer über Unterarme und Unterbeine erstrecken, abgefaultes Körpergewebe sowie freigelegte Knochen und Sehnen sichtbar. Vielmehr intensiviert sich die alarmierende Lage durch das Auftreten von Halluzinationen, der Verengung von Blutgefäßen und Atemnot. Diese zusätzlichen Symptome verschärfen nicht nur die Grausamkeit, sondern auch die Zahl tödlicher Überdosierungen, bei denen das Mittel nachgewiesen wurde, hat in den letzten Jahren rasch zugenommen.
Bei einer Überdosis von Tranq oder Fentanyl wird Naloxon (Narcan), ein Notfallmedikament für akute Vergiftungen mit Opioiden, von Experten als Gegenmaßnahme empfohlen, welches der betroffenen Person als Nasenspray verabreicht werden kann.
Laut der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) sind im Zeitraum zwischen August 2021 und August 2022 107.735 Amerikanerinnen und Amerikaner an einer Drogenvergiftung gestorben, wovon rund zwei Drittel dieser Todesfälle im Zusammenhang mit Opioiden wie Fentanyl stehen.
Die Tranq-Epidemie in den USA hat ursprünglich in Philadelphia, einer Stadt an der Ostküste mit rund 1,6 Millionen Einwohnern, begonnen, wo aktuell 91 Prozent der Drogen Xylazin beigefügt wird. Mittlerweile ist Tranq laut der CDC in 48 von 50 Bundesstaaten verbreitet. Im Jahr 2022 wurde in den USA so viel Fentanyl (50,6 Millionen Pillen und mehr als 4500 Kilogramm Fentanylpulver) beschlagnahmt, um theoretisch die gesamte amerikanische Bevölkerung töten zu können. Außerdem ist Fentanyl nunmehr die Todesursache Nummer eins für Menschen zwischen 18 und 49 Jahren in dem Land und mitunter dafür verantwortlich, dass seit 2015 erstmals in den USA seit dem Ersten Weltkrieg die Lebenserwartung sinkt.
Herstellung
Die Herstellung von Fentanyl birgt bereits während des Prozesses gesundheitliche Gefahren aufgrund toxischer chemischer Verbindungen. Zudem werden die benötigten Chemikalien für diese Synthese oft aus China importiert. Diese Importe werfen Fragen zur Qualität und Reinheit der Substanzen auf und können gesundheitliche Risiken für die an der Produktion beteiligten Personen mit sich bringen. Unsachgemäße Handhabung dieser Chemikalien während des Imports oder der Produktion kann ernsthafte Konsequenzen für die Umwelt und die Gesundheit der Beteiligten haben.
Warum sind die USA so anfällig für Opioide?
Schuld an der Opioid-Krise sind vor allem die Pharmaunternehmen und ihre Pharmalobby, die in den USA sehr stark vertreten ist und somit großen Einfluss auf Politik und Kultur hat. Begonnen hat die Krise gegen das Jahr 1996 mit dem verschreibungspflichtigen Schmerzmittel Oxycontin, welches vom Unternehmen Purdue Pharma mit aggressiven Werbekampagnen und einem angeblich sehr geringen Suchtpotenzial beworben wurde. Purdue Pharma und andere Pharmaunternehmen bewirkten mithilfe aggressiven Marketings und Lobbyarbeit somit, dass Opioide, welche zuvor überwiegend Schwerkranken und Sterbenden verschrieben wurden, auch bei gewöhnlichen, vorübergehenden Schmerzen angewandt wurden. Die Betroffenen wurden in Folge abhängig von den Medikamenten und mussten ihre Mittel schließlich auf illegalem Wege besorgen, da sie nicht mehr von ihren Ärzten verschrieben wurden.
Im Jahr 2020 haben etwa zwei Drittel aller Abgeordneten im Repräsentantenhaus und Senat Spenden von Pharmafirmen erhalten. Eine Studie, welche im selben Jahr durchgeführt wurde, hat ergeben, dass im Zeitraum von 1999 bis 2018 die Pharmaindustrie und die Industrie für Gesundheitsprodukte insgesamt 4,7 Milliarden Dollar für Lobbyarbeit bei der US-Bundesregierung ausgegeben haben, was durchschnittlich 233 Millionen Dollar pro Jahr entspricht.
Maßnahmen der USA gegen die Krise
In der Vergangenheit reagierte die Regierung auf die verschiedenen Drogenwellen mit dem Prinzip: Kriminalisieren, durchgreifen, bestrafen. Jedoch stößt diese Strategie zunehmend auf Widerstand, da laut Kritikern mit jeder Welle der Kriminalisierung nur neue, noch gefährlichere Drogen auf den Markt kämen. Bereits im Jahr 2017 erreichte die Krise solch eine Größe, sodass der damalige Präsident Donald Trump im Oktober den nationalen Notstand ausgerufen hat.
Die aktuelle Regierung unter Präsident Joe Biden hat Tranq nun, als erste Droge in der Geschichte der USA, als „Bedrohung für die Nation“ eingestuft und möchte verstärkt auf Behandlungs- und Therapieangebote und umfangreiche Forschung setzen. Zudem sind die USA aktuell bemüht, internationale Allianzen zur Bekämpfung des Drogenhandels und der Opioid-Krise zu gründen. Im Zuge dessen hat US-Außenminister Antony Blinken über 80 Länder zur Zusammenarbeit aufgefordert.
Eine Bedrohung für Europa?
In ihrem aktuellen Jahresbericht warnt die Europäische Drogenbeobachtungsstelle (EMCDDA) vor potenziellen Gefahren für den europäischen Drogenmarkt. Die massiven Bemühungen der Taliban, den Mohnanbau in Afghanistan zu unterbinden, könnten zu einer Knappheit des darauf hergestellten Heroins führen. Dies wiederum könnte den Weg für synthetische Opioide wie Fentanyl ebnen. Die Befürchtung liegt darin, dass eine Knappheit von Heroin möglicherweise zu unreinem Heroin in Europa führen könnte. Afghanistan zählt seit langem als größte Heroin-Quelle Europas. Burkhard Blienert, Drogenbeauftragter der Bunderegierung, betont die genaue Überwachung der Lage in Deutschland und die enge Zusammenarbeit mit internationalen Partnern. Maßnahmen, wie der Einsatz von Fentanyl-Teststreifen in Drogenkonsumräumen sollen möglichen Gefahren durch Opioide vorbeugen.
Quellen:
Quelle 1: https://www.deutschlandfunk.de/fentanyl-opioide-drogen-krise-100.html
Quelle 2: https://de.wikipedia.org/wiki/Opioidkrise_in_den_Vereinigten_Staaten
Quelle 4: https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/usa-droge-xylazin-100.html
Quelle 5: https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/usa-neue-zombie-droge-tranq-100.html
Quelle 6: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/fentanyl-usa-drogentote-opioid-kartell-mexiko-100.html
Quelle 8: https://kurier.at/chronik/welt/zombie-droge-tranq-xylazin-usa-drogenmarkt-wunde/402508995
Quelle 9: https://www.dea.gov/alert/dea-reports-widespread-threat-fentanyl-mixed-xylazine
Quelle 10: https://de.wikipedia.org/wiki/Xylazin
Quelle 11: https://de.wikipedia.org/wiki/Fentanyl
Quelle 12: https://www.dw.com/de/was-macht-das-schmerzmittel-fentanyl-als-droge-so-gef%C3%A4hrlich/a-66621199
Quelle 13: https://www.drugcom.de/drogenlexikon/buchstabe-f/fentanyl/
Quelle 14: https://www.drugcom.de/drogenlexikon/buchstabe-n/naloxon/
Quelle 15: https://de.wikipedia.org/wiki/Opioidkrise_in_den_Vereinigten_Staaten#Hintergrund_und_Geschichte
Quelle 17: https://en.wikipedia.org/wiki/Pharmaceutical_lobby